Mitsprache stärkt – Warum Partizipation für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen so wichtig ist
- Mario Überwimmer

- 4. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Mitsprache – das ist nicht nur in der UN-Kinderrechtskonvention verankert, sondern auch ein zentrales Element moderner Pädagogik. Partizipation bedeutet mehr als nur „mitreden dürfen“: Es geht darum, junge Menschen ernst zu nehmen, ihre Perspektiven einzubeziehen und sie aktiv an Entscheidungen zu beteiligen, die ihr Leben betreffen – sei es in der Familie, in der Schule oder in ihrem sozialen Umfeld.
Gerade im schulischen Kontext zeigt sich, wie bedeutsam echte Beteiligung ist. Wenn Schülerinnen und Schüler das Gefühl haben, gehört und respektiert zu werden, entwickeln sie ein stärkeres Selbstwertgefühl, mehr Verantwortungsbewusstsein und eine positive Haltung gegenüber Lernen und Gemeinschaft. Studien belegen: Kinder, die mitentscheiden dürfen, fühlen sich sicherer, sind motivierter und erleben Schule als einen Ort, an dem sie etwas bewirken können.
Partizipation ist auch ein zentraler Baustein der Gesundheitsförderung – insbesondere im Hinblick auf die psychische Gesundheit. Wer Einfluss auf sein Umfeld nehmen kann, erlebt Selbstwirksamkeit – ein entscheidender Schutzfaktor gegen Stress, Ängste und depressive Verstimmungen. Beteiligung stärkt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und fördert Resilienz, also die Fähigkeit, mit Belastungen und Krisen umzugehen.
Ein besonders inspirierendes Beispiel für gelungene Beteiligung sind soziokratisch organisierte Wohnprojekte. In diesen Gemeinschaften wird Entscheidungsfindung konsequent gemeinsam und auf Augenhöhe gestaltet – auch mit Kindern und Jugendlichen. Die Soziokratie ermöglicht es, alle Stimmen zu hören und gleichwertig einzubeziehen. Kinder lernen in solchen Strukturen frühzeitig, dass ihre Meinung zählt – und dass sie die Welt mitgestalten können. Diese Erfahrung fördert nicht nur ihr Verantwortungsbewusstsein, sondern trägt entscheidend zu ihrer seelischen Stabilität bei.
Auch Schulen können von diesen Prinzipien profitieren. Ein eindrucksvolles Beispiel liefert der Dokumentarfilm School Circles, der demokratische Schulen in den Niederlanden zeigt, in denen Schüler*innen gleichberechtigt in Entscheidungsprozesse eingebunden sind. Dort werden Schulbelange in Kreisen besprochen, Entscheidungen im Konsent getroffen – ganz nach soziokratischen Prinzipien. Die Kinder erleben Mitbestimmung nicht als Ausnahme, sondern als Alltag. Das stärkt nicht nur das Miteinander, sondern auch ihre psychische Widerstandsfähigkeit.
Ein weiteres Best-Practice-Beispiel ist die KreaMont Schule in Niederösterreich, die nach reformpädagogischen und partizipativen Prinzipien arbeitet. Kinder gestalten hier nicht nur ihren Lernprozess individuell, sondern nehmen aktiv an der Gestaltung des Schulalltags teil. In regelmäßigen Gesprächskreisen, Arbeitsgruppen und Schulversammlungen wird Demokratie gelebt – nicht gelehrt. Die KreaMont zeigt, wie kreative Lernräume und echte Mitbestimmung zu einer Atmosphäre beitragen, in der sich Kinder gesehen, sicher und wirksam fühlen.
In einer Zeit, in der psychische Belastungen unter jungen Menschen zunehmen, ist echte Beteiligung kein „nice to have“, sondern eine Voraussetzung für gesunde Entwicklung. Ob in Schule, Familie oder gemeinschaftlichem Wohnen – Kinder brauchen Räume, in denen sie nicht nur funktionieren, sondern gestalten dürfen. Partizipation ist dabei nicht nur ein pädagogisches Ziel, sondern ein kraftvoller Beitrag zur Stärkung psychischer Gesundheit.
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